Selfies machen in Seoul

Florianne berichtet aus Südkorea

Seoul ist, wenn Du an den schönsten Aussichtspunkten kitschige Fotostationen findest, die von Locals tatsächlich als Selfiehintergrund präferiert werden. Seoul ist auch, wenn jeder, der älter ist als Du, grundsätzlich Vorrecht hat und Dich zum Beispiel in der Kassenschlange einfach überholen darf. Und Seoul ist, wenn Du Deinen Abfall stundenlang mit Dir durch die Stadt tragen musst, weil es kaum öffentliche Mülleimer gibt. Seoul ist, wenn sich kilometerlang Stores von Kosmetikmarken aneinanderreihen und Kliniken für plastische Chirurgie ganz selbstverständlich zwischen Einkaufshäuser in Shoppingmeilen stehen. Seoul ist aber auch, wenn öffentliche Toiletten überall bedenkenlos genutzt werden können und zu jeder Zeit sauber und ausgestattet sind. Und, wenn Überweisungen in SMS-Geschwindigkeit auf dem anderen Konto ankommen. Und Seoul ist auch, wenn quasi überall freies WLAN zur Verfügung steht und viele Geschäfte oder Cafés rund um die Uhr geöffnet sind. Seoul ist, wenn erwachsene Männer rosafarbene Sweatshirts mit kleinen, niedlichen Charakteren tragen. Und generell auf den meisten Produktverpackungen kleine Zeichentrickfiguren (oft die so genannten Kakao Friends) abgedruckt sind. Und Seoul ist, wenn Modetrends unglaublich uniform im Großteil der Gesellschaft verbreitet und umgesetzt werden. Seoul ist, wenn Du in einem Café einfach rausgehen oder bestellen gehen kannst, während Laptop und Handy ganz offen auf dem verlassenen Tisch liegen, Du Dir aber keine Sorgen machen musst. So habe ich die Stadt während meines Auslandssemesters im WS18 dort erlebt. Modern, strukturiert und sicher. Und groß und vielfältig! Mein Semester an der Yonsei University ging so schnell vorbei, dass ich beim Verlassen der Stadt wusste, es gäbe noch so viel mehr zu entdecken. Und so viel mehr Vokabeln für mich zu lernen. Mein koreanisch reichte am Ende zum Lesen und Verstehen von Schildern und Speisekarten, aber leider noch für keine ernstzunehmende Konversation. Neben dem Koreanischkurs belegte ich vier Wirtschaftskurse an der Yonsei: Advertising, Business & the Arts, Entrepreneurship, Production & Operations Management. Austauschstudenten wurden leider von allen Kursen mit Bezug zur Modeindustrie ausgeschlossen. Der große Campus der Uni mit rund 38.000 Studenten ist mitten in Sinchon gelegen, einem Stadtviertel Seouls voller Studenten, kleinen Bars, Restaurants und Cafés direkt neben dem koreanischen Feierviertel Hongdae. Dabei bildet das Universitätsgelände fast schon eine kleine Stadt in der Stadt, mit seiner großen Fläche, den vielen Gebäuden, eigenen Sportanlagen, mehreren Cafeterias, Restaurants und Cafés, Supermärkten und anderen Shops. Aber natürlich gab es nicht nur auf und um den Campus viel zu sehen. Seoul beherbergt so viele schöne Orte und Erlebnisse, verbindet Geschichte und Tradition und Moderne, bietet unzählige gute Cafés und Restaurants und ein lebendiges, buntes und lautes Nachtleben. Selbst einen eigenen Nationalpark hat die Stadt. Langweilig wird es garantiert nicht! Einsam übrigens auch nicht: Während die meisten Koreaner eher verschlossen sind und für sich bleiben, entstanden schon fast automatisch Bekanntschaften und Freundschaften unter den fast 1.000 Austauschstudenten aus aller Welt, die wir gleichzeitig an der Yonsei University waren. So bereichernd, so viele verschiedene Kulturen kennenzulernen! Trotz mancher sprachlichen und kulturellen Barrieren schaue ich deshalb jetzt dankbar auf ein Semester voller neuen Erfahrungen, Eindrücke, Abenteuer und neuen, wertvollen Freundschaften zurück. Kurz und knapp: es war großartig!