Otto Johannsen-Preis (Masterarbeit) Frühjahr 2025
wird an Mustafa Bülbül verliehen

Mustafa Bülbül erhält für seine Masterarbeit an der Fakultät Informatik den Otto Johannsen-Preis im Frühjahr 2025 verliehen:
„Extraction of Interconnected Artifact Models from Space Engineering Standards “
In der Masterarbeit „Extraction of Interconnected Artifact Models from Space Engineering Standards“ wurde ein neuer Ansatz entwickelt, der KI-Modelle (im Speziallen Large-Language Models, LLMs) nutzt, um Modellstrukturen aus textbasierten Dokumenten wie PDFs zu erfassen und zu verknüpfen. Ein zentrales Anwendungsgebiet sind Vorgehensmodelle in regulierten Anwendungsdomänen, doch der Ansatz lässt sich ebenso auf Produkt-, Qualitäts- oder Ressourcenmodelle übertragen. Im Gegensatz zu bisherigen Methoden im Raumfahrtbereich, die sich weitgehend auf das isolierte Auslesen von Text aus einzelnen PDF-Dokumenten beschränken, ermöglicht der in dieser Arbeit entwickelte Ansatz sowohl die automatische Extraktion von Modellen zur Weiterverarbeitung in projektunterstützenden Werkzeugen, als auch die Verknüpfung von Modellen über mehrere Dokumente hinweg. Diese Anwendung von LLMs auf Raumfahrt-Engineering-Standards ist neu, innovativ und für die praktische Anwendung sehr vielversprechend.
Ein konkretes Beispiel illustriert dies: Ein Hersteller von Software für das Prozessmanagement benannte das Problem, dass üblicherweise ein teurer Spezialist – ein sog. Prozessingenieur – bestimmte Dokumente manuell analysieren, strukturieren, anpassen und in ein Modell überführen muss. Dieser Vorgang kann für komplexe Regularien und Standards Monate in Anspruch nehmen. Die in dieser Arbeit entwickelte Methode automatisiert diesen Extraktions- und Syntheseprozess. Dadurch lässt sich der Zeitaufwand deutlich reduzieren, was zu erheblichen Kosten- und Aufwandseinsparungen führt. Die Hauptaufgabe besteht nun darin, die KI-Algorithmen an die spezifischen Standards der jeweiligen Branche anzupassen. Zusätzlich kann die KI nicht nur die relevanten Informationen extrahieren, sondern auch die Qualität der Standards überprüfen. Das bedeutet, sie kann Fehler oder Unstimmigkeiten in den Dokumenten aufdecken, die sonst möglicherweise unbemerkt bleiben würden. Besonders in komplexen Dokumenten wie Prozessstandards gibt es viele Verknüpfungen, die inkonsistent sein können und manuell nur schwer zu finden sind.
Die wissenschaftliche Qualität der Arbeit von Herrn Bülbül ist als sehr hoch einzustufen und hat bereits sichtbare Auswirkungen in Wissenschaft und Praxis. Dies wird besonders durch ein auf der Arbeit basierendes Konferenzpapier[1] unterstrichen. Die Arbeit von Hr. Bülbül kombiniert theoretische und praktische Anteile mit einer beispielhaft angewendeten wissenschaftlichen Methode und liefert ein demonstrierbares Ergebnis, welches einen hohen praktischen Nutzen hat. Ergebnisse bzgl. der ECSS-Standards der ESA wurden bereits dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) präsentiert. Die Verwertung der Erkenntnisse ist bereits für zukünftige Forschungsprojekte eingeplant.
[1] Bülbül, M., Straub, P., Münch, J., Kuhrmann, M.: „Towards Generating Measurable Artifact Models from Standards in Regulated Domains“. 25th International Conference on Product-Focused Software Process Improvement (PROFES) 2024, Tartu, Estonia, December 2-4, 2024, LNCS 15452, pp. 272-288, Springer, 2024.